>

Sascha

 

G. H.

Home

Dezember 2015

November 2015

Oktober 2015

September 2015

August 2015

Juli 2015

Juni 2015
Mai 2015
April 2015
März 2015
Februar 2015
Januar 2015
Index
@

 

Das Wochenende in der Wüste

Freitag, 31. Juli 2015, auch mir, kleine Libelle, steht dieses Wochenende ein Balanceakt bevor! Hoffentlich halte ich mich nur halbwegs so wacker wie du. Von der Eleganz mal ganz abgesehen.

"12:26"


Entzug

Montag, 27. Juli 2015, kaum habe ich erneut den Entschluss gefast, halt das vertraute Hohngelächter von den Wänden meines Inneren wieder. Es ist der ewige Zweifler in mir – er selbst würde sich wohl sicher als Realist titulieren – den ich höre. Die letzten Jahre habe ich ihn starkgemacht, ja sogar einwenig übermächtig und ja, er hat allen Grund zulachen. Lebenslügen, schwache Durchhalteparolen und kurzlebige Gelöbnisse, haben ihn satt und drall gemacht.

Ja sicher, wir alle streben voran, fallen und streben erneut, nachdem wir uns gerappelt haben, den individuellen Träumen entgegen. Doch nicht jeder geht diesen Träumen, durch die Widerstände der gleichen Schatten entgegen. Ganz gleich, ob diese Schatten, Eigengeburten oder Heimsuchungen sind, immer sind sie die Vorhut unserer eigenen Hölle, unserer eigenen Finsternis, vollkommen gegenwärtig und persönlich.

Doch da muss ich durch!

Und ich höre ihn wieder und wieder.


Virgen del Carmen - 2015

Donnerstag, 16. Juli 2015, heute war wieder einer dieser regionalen Feiertage - Virgen del Carmen. So wie ich das verstanden habe, ist die heilige Carmen – der heiligen Maria zum Verwechseln ähnlich – die Schutzheilige der hiesigen Fischer. Einmahl im Jahr, immer zum sechzehnten Juli, wird diese in einer Prozession zum Meer getragen, wo ihr Segen, den Fischern zuteilwerden soll. Habe diesen Umzug zuletzt 2013 verfolgt. Das ganze Prozedere war derart mit dem von 2013 übereinstimmend, das ich mich einwenig in der Zeit zurückversetzt fühlte. Wähnt mich damals schon am Ende, der Abwärtsspirale. Lustig!

Auch damals hatte ich viel Überwindung aufgebracht, um mich mit meinem kleinen 50 Millimeter Objektiv in den riesigen Menschenauflauf einzufügen – merkwürdiger Satzwahl. Egal. Jedenfalls, aller Demophobie und Depression zum Trotz, hier die Fotos von diesem Jahr. Nahm es heute, teilweise mit den Persönlichkeitsrechten nicht so eng. Schwitze wie ein Schlagersänger im Endstadium!

20:49

20:42

20:08

20:03

20:01

19:45

19:42

19:41

19:38

19:34

19:33

19:32


Ohmen? ... Ach nee!

Freitag, 10. Juli 2015, mein neues Lebensjahr brach im Nebel an. Doch eventuell soll mir dieser nur den Rückblick verwehren, um ungehindert vorwärtsgehen zu können.

01:42


Countdown

Donnerstag, 9. Juli 2015, in wenigen Stunden habe ich Geburtstag. Hatte Anfang Juli die Idee einen Countdown rückwärts bis zum zehnten diesen Monats laufen zulassen. Jeder Tag sollte mit einer Momentaufnahme aus meinem Leben versehen werden. Habe es nur bis zur Hälfte geschafft. An Erinnerungen mangelt es mir nicht, nur der Widerstand durch Unbehagen war zu groß geworden. Hätte meinen Fokus für diesen Rückblick auf die ersten sieben Lebensjahr meines Lebens reduzieren sollen. Danach wurde es nur Komplizierter. Bringe es dennoch zu ende. Nur noch reduzierter.

  • 1 Ich sehe mich, genauer beobachte mich dabei, wie ich mir mit einem Küchenmesser den linken Unterarm aufschneide. Ich höre mein eigenes Blut fließen doch verspüre nur Verzückung. Eine Ersatzhandlung.

  • 2 Irgendein Weihnachtsfest, Mutter hatte den ganzen Tag in der Küche gestanden. Doch noch vor der Bescherung hatte Vater ihr die gesamten Köstlichkeiten um die Ohren geworfen - Buchstäblich.

  • 3 Wieder irgendeine Schlägerei, doch diesmal floss Blut. Genauer, ich hatte Blut zum fließen gebracht.

  • 4 Als ich meinen Vater drohte in umzubringen, hatte er mich zum ersten mal wahrhaftig  wahrgenommen.

Man wird mir wohl nicht glauben, doch es war nicht meine Absicht das dieser Countdown so theatralisch  und schon gar nicht so analytisch werden sollte. Ist der Gravitation der Depression geschuldet. Verzeihung!


5

Montag, 6. Juli 2015, wird wohl eines der ersten Heimfahrtswochenenden gewesen sein, als ich begriff, das mein Vater in meiner Abwesenheit wohl noch härter zuschlug. Hatte lange Ausschau gehalten und schließlich meine Mutter schon vom weiten erkannt, doch als sie näher kam .... . Sie hatte mit Make Up ihr Bestes versucht.

19:15


6

Sonntag, 5. Juli 2015, man hatte mir und meiner Jugendliebe den Waschkeller für unsere Verabschiedung überlassen. Wohl auch wegen der gehässigen Schwester. Ein unschuldiges Separee mit der aromatischen Überpräsenz von Weichspüler. Hatte gar nicht mit meinem Kuss gerechnet und schon gar nicht mit dem ersten bedeutsamen Kuss. Trotzt des dominanten Aromas, kann ich mich heute noch an Ulrikes Geruch erinnern. Mehr noch, kenne immer noch  dessen feinen Nuancen, über dreißig Jahre nach diesen Abend in den kleinen Waschkeller. Pervers was!

Braucher wohl nicht erwähnen das ich dieser Jugendliebe viel zulange nachhing. Ganz im Gegensatz zu Ulrike, sie wird mich inzwischen wohl vollkommen vergessen haben. Doch an diesen Abend weinte sie noch, kindlicher Trennungsschmerz. Am darauffolgenden Tag würde ich nämlich meine Reise in das Internat antreten und erst in unvorstellbaren drei Wochen wieder heimkehren. Natürlich würde sie mir schreiben und selbstverständlich würde sie auf mich sehnlichst warten und so weiter. Doch selbstverständlich war mein erster bedeutsamer Kuss ein echter Abschiedskuss.

Den Spruch, mit dem vielen Wasser, dem Berg und der Zeit, erträgt man besser zu zweit. ........He he!

"10:02"


7

Samstag, 4. Juli 2015, irgendeine Kinderkrankheit hatte mich bettlägerig gemacht. Hatte schon zur der Zeit einen Fernseher und einen Videorekorder auf meinem Zimmer - damals eine echt coole Sache. Irgendwann besuchte mich mein Vater, er brachte Videos zum Zeitvertreib. Er zählte ein Mix aus Disney und den achtziger siebziger Jahre Trash auf und mittendrin fing er an zu schauspielern, mehr schlecht als recht, wie immer.

<<Oh, der Film ist nichts für dich, den darfst du dir auf gar keinen Fall ansehen>> sagte er und legte die unbeschriftete Videokassette in die oberste Ablage meines Bücherregals.

Dreimal  dürft Ihr raten welchen Film ich mir als erstes ansah. Und was auf der unbeschrifteten Kassette zu sehen war ist wohl auch nicht schwer zuerraten. Das war wohl die Vorstellung von Aufklärung meines Vaters. Fand was zu sehen war, damals eher irritierend als anregend. Sah mir danach drei Disney-Filme in folge an. Vergeblich.


8

Freitag, 3. Juli 2015, natürlich ging das damals auf den Schulhöfen lange nicht so hart zur Sache wie heutzutage - und schon lange nicht so medial. Dennoch hatte man mir den linken Arm bereits in der dritten Klasse zweimal gebrochen.

Meine nonverbalen Auseinandersetzungen auf den Schulhof, entsprechen dem totalen Klischee. Zwei Rabauken pressten mir mit Gewalt über Wochen mein Pausenbrotgeld ab. Irgendwann vertraute ich mich meiner Mutter an. Die mir schlicht und doch so Weise riet, mich einfach zuwehren.

Zwei Schläge und ein Tritt und keine Feinde mehr auf den Schulhof. Erinner mich noch sehr gut an die verdutzten Gesichter meiner Unterdrücker und wie ihre Köper, einst noch so bedrohlich, zu Boden gingen und übereinander purzelten wie plump verarbeitete Puppen.

Doch ein Klischee ist ein Klischee. Irgendwann hatte mich ein vermeidlicher Schulfreund in ein, für die Schulleitung schwer einsehbaren Bereich des Schulhofes, gelockt. Dort baute sich ein großer Bruder von einem der beiden Schinder vor mir auf und warf mir vor, ich hätte seinen kleinen Bruder - der mindesten ein Kopf größer war als ich - mit Karatetricks zu Boden gebracht. Als ich diesem wirklich großen Bruder versicherte, wirklich über keine Karatekenntnisse zuverfügen. Offenbarte mir dieser Bruder, das dies nun wirklich ein Jammer sei, da er ja bereits den schwarzen Gürtel erlangt hätte. Was dann kam hatte allerdings nicht viel mit Karate gemein. Kann mich nur daran erinnern das mir dieser Hüne den linken Arm verdrehte, mich hochhob und einen Hügel hinab warf.

Als ich mich total verdreckt im Klassenzimmer einfand, hatte der Unterricht schon lange wieder begonnen. Die Klassenlehrerin fragte selbstverständlich was passiert sei, ich entgegnete ich nur, das ich meinen Arm nicht mehr bewegen könne. Glaube es wurde ein Krankenwagen gerufen, weiß noch wie sehr es meine Mitschüler irritierte, das ich nicht weinte. Eine Klassenkameradin streichelten meinen gebrochenen Arm.

Zumindest war mir mein Pausengeld für den Rest des Schuljahres sicher. Hatte niemals jemanden verraten - die Selbstachtung eines Drittklässlers.

18:05


9

Donnerstag, 2. Juli 2015, habe noch eine sehr prägnante und einwenig rätselhafte Erinnerung von meiner Einschulung.

Das ganze langweilige Prozedere war so gut wie vollzogen als der letzte Punkt der Tagesordnung - ein kleiner Gottesdienst - mir beinahe den Rest gegeben hätte. Nach der Rede des Schulleiters und der Klassenlehrerin redete sich nun auch noch der Pfaffe in Rage. Die Worte die da von der Kanzel hernieder gingen, erreichten mich nicht, sie waren nicht Bestandteil meiner Sprache. Als mich das Ende der Predigt erlöste, ging ich umgehend den Ausgang der Kirche entgegen, ohne nach meiner Mutter Ausschau zuhalten, obgleich mir bewusst war das diese sich irgendwo im hinteren Teil des Kirchenschiffes aufhalten musste. Natürlich hatte mich meine Mutter nicht aus den Augen verloren und hielt mich kurz bevor ich das Freie erreichte zurück.

<<Sascha warte, geh noch einmahl nach vorne>>, sagte sie und deutete auf den gruseligen Altar.

<<Warum>>!

<<Siehst du die Kiste bei den Kerzen dort vorne>>?

<<Ja>>!

<<Schmeiß das in diese Kiste>>, sagte sie und holte etwas schillerndes aus ihrer Handtasche hervor. Als sie diesen kreisrunden Schimmer in meine Hand legte, viel ein Lichtstrahl durch eines der gotischen  Fenster und verwandelte das Glimmen in ein Glühen. . <<Sascha geh nach vorne>>! War wohl ein sehr folgsamer Junge, den obgleich es mir vollkommen unbegreiflich war, wie man sich von einem solchen Objekt trennen könne, setzte ich mich in Bewegung. Erinnere mich, das ich auf den Weg durch das Kirchenschiff mehrmals zurück blickte, in der Hoffnung das meiner Mutter der Irrtum inzwischen aufgefallen war. Doch immer wieder wies mich ihre Gestik an, weiter zugehen. Als ich vor der mittelalterlich anmutenden Truhe stand, betrachtete ich das rätselhafte Objekt einletztes mal. Von dessen Glühen ging keine Hitzte aus und dessen Licht schmerzte nicht. Als ich das Licht in die Truhe fallen lies, überkam mich Trennungsschmerz.

Auf den Heimweg fragte ich meine Mutter, was ich da in die Kiste fallengelasen hatte.

<<Was wohl, ein Heiermann für die Kollekte>>!

Bin mir bis heute sicher, das da etwas vollkommen Anders in die Dunkelheit dieser Truhe viel. Etwas, was nur ich an diesen Tag gesehen hatte und etwas von dem ich mich nicht hätte trennen dürfen.

10:01


10

Mittwoch, 1. Juli 2015, meine ersten Erinnerung wurden durch Träume verzerrt. Konnte als Kind die Traumwelt von der Realität schwer unterscheiden. Natürlich hatte kein Pirat, in voller Montur, mein Kinderzimmer verwüstet. Habe wohl auch nicht mit meiner Großmutter geplaudert, in der selben Nacht in der sie verstarb. Befand diese sich doch auch, wehrend dieser fiktiven Unterhaltung, bereits im Krankenhaus, achthundert Kilometer von meinem Kinderbett entfernt. Und niemand hatte mir jemals, eine abschlagende Hand vor die Füße geworfen.

Meine Mutter wunderte sich zwar oft über meine bizarren Berichte, doch führte mich stets mit großer Geduld durch die beiden Realitäten meiner frühen Kindheit.

"06:16"


copyright © e-mail@sascha-g-h.de